Lupuka liegt in Sambia

Lupuka stark verstimmt Lupuka 432 Hertz gestimmt Ohne Nebengeräusch

Das Einkaufen wird emotionaler. Die Entscheidungswege sind mittlerweile kürzer. Ganz egal wo man einkauft, das Internet beeinflusst unser Kaufverhalten. Wenn einen die fixe Idee nach einem Zweitklavier für den Schrebergarten umtreibt, dann wirkt ein außergewöhnlich günstiges Angebot wie ein Kaufbeschleuniger. Das ist die Gelegenheit! Jetzt oder nie! Vermutlich vor diesem emotional aufgeladenen Hintergrund heraus erhielt ich vor ein paar Tagen um 1:30 Uhr eine E-Mail, ob ich kurzfristig Zeit hätte ein Klavier zu stimmen, das sich jemand selbst zum Geburtstag in der schon laufenden Wochen schenken will. Da ich um die Uhrzeit noch am PC fleißig war, antwortete ich sofort, dass dies möglich sei.

Am Tag vor dem vereinbarten Termin erreichte mich nach 17 Uhr der Anruf, ob es nicht vielleicht schon am heutigen Abend möglich sei, das Klavier zu stimmen? Aufgrund der relativen räumlichen Nähe sowie der zeitlichen Möglichkeit sagte die Klavierstimmerei Praeludio® zu. Eine Stunde später war ich vor Ort. Es erwartete mich ein interessanter Abend im Kreis dreier junger Männer, die in ihrem Leben gerade an der Schwelle stehen, an der sie ihre ganz persönliche Herausforderung suchen. Der Ort war eine kleine Holzhütte in dem bereits angesprochenen Schrebergarten, in dem die jungen Männer mit geringen finanziellen Mitteln, dafür mit umso mehr Kreativität ein kleines Paradies gezaubert haben. Und nun steht in diesem Garten Eden auch noch ein Klavier. Doch was ist es für ein Klavier und in welchem Zustand befindet es sich?

Den Markennamen hatte ich noch nie gehört. Es ist ein Kleinklavier mit der Beschriftung Lupuka. Auf den ersten Blick schien es mir aus Russland zu sein. Doch als ich nun zu Hause recherchierte, fand ich nur eine konkrete Zuordnung, nämlich einen Ort in südlichen Sambia. Sambia liegt in Afrika nördlich von Botswana, das wiederum nördlich von Südafrika liegt. Aus Südafrika kennen wir die sensationelle Geschichte eines Mannes namens Nelson Mandela, der es geschafft hat, mit passiven Widerstand die Apartheid zu überwinden. Mir sind aus Südafrika darüber hinaus auch Klaviere bekannt, die der deutsche Klavierkonstrukteur Lothar Schell betreut hat. Ein Klavier aus Afrika. Ja, das wäre vorstellbar. Aber in welchem Zustand ist es? fragt der Kunde. Das kann man erst nach dem Probespielen beurteilen.

Beim Probespielen merke ich schnell, dass hier eine Herausforderung auf mich wartet. Ungeduldig fragt der stolze Zweitklavierbesitzer gleich nachdem der letzte Ton verklungen war: Fazit? Er wollte, dass ich es auf den Punkt bringe. Den Gefallen tat ich ihm und antwortete: Es könnte kaputt sein. Damit hatte er nicht gerechnet und es entrang ihm ein überraschtes Oh!

Das Klavier hat zahlreiche in sich stark verstimmte Einzeltöne. Diese nenne ich kritische Töne. Sie geben die Hinweis, dass im Stimmstock Risse sein könnten. Ein Blick unter den Spieltisch zeigt, dass der Resonanzboden zwar noch ohne Risse ist, aber im Basssteg sieht man bereits Risse. Jedoch kann man nicht einfach daraus schließen, dass nun der Stimmstock auch Risse haben muss. Dies gilt es erst durch manuelle Tests zu überprüfen.

Über die kritischen Einzeltöne hinaus ist das Klavier in sich stark verstimmt, jedoch von der Grundtonhöhe her noch überraschend hoch, nämlich circa auf 437 Hertz. Zuerst findet nun der Test der kritischen Einzeltöne statt, ob nämlich ein Schaden vorliegt oder nicht. Anders formuliert: Lohnt es sich, mit dem Stimmen überhaupt anzufangen? Der manuelle Test ergibt, dass die Stimmnägel zwar unterschiedlich fest sitzen, jedoch waren keine grenzwertigen Stimmnägel dabei. Also empfiehlt es sich, die Stimmung sicherheitshalber etwas tiefer ansetzen, zum Beispiel auf der harmonischen Tonhöhe von 432 Hertz, die man auch Verdis A nennt. Bei Wikipedia kann man lesen, dass dies die Grundfrequenz des Universums sein soll.

Die Stimmung selbst verläuft ohne weitere Überraschungen. Zuerst erfolgt das Vorstimmen der stark abweichenden Bereiche konkret im Diskant, der beim Probespielen einen traurigen, da in der Tonhöhe sinkenden Eindruck hinterlässt. Dann findet die Feinstimmung statt. Nebenbei ergeben sich immer wieder Themen aus dem Leben meiner Zuhörer. Eine ausgezeichnete Unterhaltung! Am Ende ergibt das Probespiel eine deutliche Verbesserung. Doch das anfangs noch ignorierte Nebengeräusch des rechten Pedals ist nun eine Störung, die noch beseitigt werden will. Außerdem hat das Klavier im Übergang von der Mittellage zum Bass klanglich und technisch einen suboptimalen Bereich, den ich zwar etwas in der Wirkung lindern, jedoch nicht vollständig verbessern kann. Die Verbesserung betrifft die Regulierung der Mechanik des Tons d. Die Ursache für den schwachen Klang liegt vermutlich an dem direkt nach der letzten Saite endenden Steg. Im Unterschied dazu hatte ich am Tag zuvor ein Klavier von Petrof gestimmt, bei dem der Diskantsteg noch weit über das Ende der Saitenauflage hinaus sanft ausläuft und somit einen größeren Bereich des Resonanzbodens einbezieht.

Das Nebengeräusch des rechen Pedals konnten wir quasi im Teamwork beheben. Das Probespiel fließt nun regelrecht aus den Fingern. Da unser Treffpunkt lediglich eine kleine Holzhütte war, stand mein Werkzeugkoffer und somit auch der Aufnahmerekorder vor der Tür in der freien Natur. Die Grillen untermalen die Aufnahmen mit einer sommerlich entspannten Atmosphäre - wie im Paradies! Zum Geburtstag meine besten Wünsche:

nach oben nächste seite